Hambacher Fest als Wiege der Demokratie
Die Exkursion zum Hambacher Schloss beendete die Veranstaltungstrilogie des SPD-Ortsvereins zu bedeutenden Jahrtagen 2023. So besuchte man im März nach Machtergreifung und Ermächtigungsgesetz der Nationalsozialisten vor 90 Jahren das NS-Dokumentationszentrum im Mannheimer Marchivum. Im Mai feierte man den 160. Geburtstag der Partei mit einer stilvollen Veranstaltung und nunmehr erinnerte man an die Revolution vor 175 Jahren, in deren „Vormärz“ das Hambacher Fest vom 27. Mai 1832 eine bedeutende Rolle einnahm. In seiner Begrüßung bei der Anfahrt nach Hambach erinnerte Bangert an den historischen Hintergrund der Fahrt und freute sich über die gute Resonanz.
In Neustadt streifte man zunächst das ehemalige Konzentrationslager der Nazis im Quartier Hornbach, wo heute eine Gedenkstätte an die Einrichtung des Terrors mit einst 470 Gefangenen erinnert. Bei herrlicher Herbstwitterung mit seltener Weitsicht in die Rheinebene bis zur Bergstraße erreichte man die Höhe des Hambacher Schlosses, wo Führungen die Geschichte der Burg und insbesondere das damit verbundene Hambacher Fest beleuchteten. Die ehemalige Salierburg war dann 700 Jahre Bischofsburg des Bistums Speyer, später in Privatbesitz einiger Neustadter Familien und ab 1842 im Besitz des Bayerischen Königs. Heute gehört es einer Stiftung, an der das Land Rheinland-Pfalz, der Landkreis Bad Dürkheim, die Stadt Neustadt und der Bezirksverband Pfalz beteiligt sind. Das Schloss wurde 1688 im Pfälzer Erbfolgekrieg zerstört und 1844 teils neu aufgebaut. Im Vorfeld der 150-Jahrfeier des Hambacher Festes 1982 wurde das Schloss mit einem Gesamtaufwand von acht Millionen DM zu einer Dokumentationsstätte ausgebaut und hierbei ein repräsentativer Festsaal und die große Dauerausstellung geschaffen. Die europäische Kommission würdigte die Stätte 2014 mit der Verleihung des Europäischen Kulturerbesiegels. Damit erfuhr das Schloss als Wiege der Demokratie und Freiheitsgeschichte Anerkennung als bedeutender Schauplatz europäischer Geschichte.
Schwerpunkt der Führungen war das Hambacher Fest selbst, als sich am 27. Mai 1832 30.000 Menschen aus allen Teilen des damaligen Deutschen Bundes , aber auch aus Polen, England und Frankreich auf Einladung von Dr. Johann Georg August Wirth und Philipp Jakob Siebenpfeiffer am Fuße des Schlossbergs versammelten, um für politische Grundrechte, ein geeintes Deutschland und ein solidarisch verbundenes Europa einzutreten. Es war gegen den Willen der Obrigkeit die erste Volksversammlung in der deutschen Geschichte und mit schwarz-rot-goldenen Fahnen bekannten sich die Teilnehmenden zu einem geeinten Nationalstaat mit demokratischen Grundrechten. Sie zogen „hinauf, hinauf zum Schloss“ . Dort ergriffen 20 Redner das Wort. Die meisten landeten anschließend im Gefängnis. Die Reden kann man in der Ausstellung nachhören Sie handeln von Versammlungs- und Pressefreiheit sowie den Rechten der Frauen. Herzstück der Ausstellung ist jene schwarz-rot-goldene Fahne, die beim Hambacher Fest auf dem Turm der Schlossruine wehte. Johann Philipp Abresch aus Neustadt hatte sie getragen und nach dem Verbot der Farbkombination war die Fahne im Garten Abreschs versteckt worden, so dass sie erhalten werden konnte.
Nach dem beeindruckenden Aufenthalt in der Ausstellung fuhr man hinab in die Wein- und Demokratiestadt Neustadt, wo der gebürtige Neustadter Hans-Jürgen Moser durch die Altstadt mit ihren mittelalterlichen Gassen und dem historischen Marktplatz führte. Hier beeindruckten die liebevoll restaurierten Fachwerkhäuser, die idyllischen Innenhöfe und die mediterran anmutende Vegetation. Moser berichtete, dass Neustadt über den größten Fachwerkhausbestand der Pfalz verfüge. Er führte zum Juliusplatz und der Kirche Sankt Marien, dem Kartoffelmarkt und Paradiesbrunnen, dem Casinarium, einer von Pfalzgraf Johann Casimir 1578 gegründeten calvinistisch-theologischen Hochschule, die einige Jahre die wichtigste calvinistische Hochschule Europas wurde, dem Otto-Dill-Museum , Storchenturm und Elwetritsche-Brunnen. Kernpunkt der Führung war der Marktplatz, der als schönster Platz der Pfalz und historisches Zentrum gilt und von der mächtigen Stiftskirche, dem Rathaus, dem Scheffelhaus und Jesuitenkolleg umsäumt wird. Die Stiftskirche als mächtigste gotische Kirche der Pfalz gilt als Wahrzeichen der Stadt und ist bekannt durch eine bemerkenswerte Trennwand für die Konfessionen und die größte Gussstahlglocke der Welt. Auf der Fahrt nach Wachenheim, wo man in der Gaststätte der Winzergenossenschaft das Abendessen einnahm, streifte man noch die Villa Böhm, heute Stadtmuseum und zwischen 1935 und 1944 Dienstsitz des berüchtigten NSDAP-Gauleiters und Reichskommissars Josef Bürckel.